Bilder sind die besten Freunde für zu Hause: sie mögen lauernd auf dem Boden an die Wand gelehnt stehen oder im Atelier keusch in papierene Umhüllungen auf den nächsten Auftritt warten – sie mögen bereits den Lieblingsplatz eingenommen haben: Bilder sind die besten Freundinnen für zu Hause, weil sie nicht nur Räume verschönern, sondern erfüllen und weil sie mit uns sprechen, wenn wir uns auf dieses Gespräch nur einlassen. Anna Ottmanns Arbeiten sind solche frischen Winde für daheim, für eine gute Zeit, um in eine stürmische Betrachtung zu verfallen: ein gestischer Körper, eine Ahnung eines Körpers, ein sinnlicher Hauch eines Körpers! Und dieser geahnte Körper auf einer warmen, unbehandelten Holzplatte: ganz nah! Diese AKTiven Chiffren erinnern an die Windsbraut von Kokoschka: Die Liebe: Sie stürmt und drängt und kommt ganz nah – im Ungefähren – ganz dicht um weiter zu treiben – fortan.
Die Randerscheinungen. Wir sitzen an den Rändern und wissen: Bald ist es so weit: Wir schauen von den Rändern in den innenliegenden Raum, auf die Straße, die heiß asphaltierte, wir sitzen an der Rändern und schauen in die Zukunft, die uns erscheint: Ein großer Garten! Eine Lebensbahn! An den Rändern kommen Ahnungen auf, kommen Sehnsüchte auf, in die Mitte zu träumen, zu toben, kommen unsagbare Tränen hervor: unterdrückte, denn: wir sitzen an den Rändern und möchten doch dazukommen, hingehen, dazugehören, wo die Welt so tut – als wäre nichts passiert. Die Ränder! Trostlos – heimatlos – Liebeslos. Anna Ottmanns Arbeiten haben die Kraft und das Ungestüm des gelebten Lebens.
Susanne Niemann